WM 2014 Spezialcheck zum Duell der Frittengiganten

Belgien – USA: Kampf um das Fett-elfinale
von Doktor Pommes
 
Belgien gegen USA, Oiropa gegen Nordamerika, Frites gegen Fast-Food. Auf dem Papier haben die Belgier gute Chancen auf den Einzug ins Viertelfinale der WM 2014 in Brasilien. Doch nicht nur die bisherigen Spiele haben gezeigt, dass ein Weiterkommen trotz Favoritenrolle selbstverständlich ist – und auch die USA stärker als erwartet sind. Allerdings besitzen die Belgier eine nicht zu unterschätzende Geheimwaffe.

Missstände hin, Korruption her. Heute Abend zählt nur noch das Duell der beiden Frittengiganten Belgien gegen die USA. Wer wird sich durchsetzen? Convienience-Fast-Food-Fritten, die von unterbezahlten Mitarbeitern totfrittiert und übersalzen an den Kunden weitergereicht werden? Oder doch die womöglichen Erfinder der quadratischen Knusperkartoffel, mit ihren kleinen Friteries und der Fritte als Kulturgut? Von der Qualität aus sportlicher Sicht, dem Kader, der Geschichte und der allgemeinen Fussballbegeisterung spricht derzeit alles für die Belgier, die vor diesem Turnier viel zu oft als Geheimfavorit 2014 gehandelt wurden, doch zu oft unter ihren Möglichkeiten blieben. Die USA dagegen haben in der, nun ja, „Todesgruppe“ gegen Portugal, Ghana und Deutschland den zweiten Platz errungen und sind durchaus sehr überraschend ins heutige Achtelfinale eingezogen. Mit dem Kampfgeist der Mannschaft und der derzeitigen – natürlich vom Erfolg beeinflussten – Euphoriewelle für das den US-Amis doch noch recht fremde Spiel könnte es demnach eine zarte Überraschung geben. Könnte. Wird es aber nicht.

Wir Frittologen haben eine kleine Studie bei unserem Fryology Research Institute in Auftrag gegeben, um die Zukunft vorherzusehen – mit Erfolg. Wie auch sonst bekanntlich alles, was wir tun, erfolgreich ist und ein Vermögen abwirft¹. Die Ergebnisse werden nun im nachfolgenden Artikel veröffentlicht. Natürlich kann nicht auf jeden Punkt der Forschungsergebnisse tiefer eingegangen werden, da sich diese auf etwa 3762 Seiten Fließtext erstrecken, was den Rahmen dieses Artikels deutlich sprengen würde.


Qualität durch Knollenkraft – 1:0 für Belgien

Betrachten wir zunächst den Kader der beiden Kontrahenten. Der Fußballverband der USA hat aus den 317 Millionen Einwohnern der Nation eine Mannschaft zusammengestellt, die aus 23 Sportlern besteht. Da sollte etwas Brauchbares bei herauskommen, sagen unsere Forscher. Welt- und Europameister Jürgen Klinsmann trainiert sie, und er sagte unmittelbar nach der Nominierung des Endgültigen WM-Kaders am 23. Mai 2014: „Die 23 Spieler wissen jetzt, dass sie dabei sind, das ist wichtig für sie.“2 Recht hat er. Es ist immer besser zu wissen, dass man dabei ist, nachdem man schon endgültig nominiert wurde.

Belgien schöpfte in letzter Zeit neue Hoffnung auf etwas Erfolg bei einem großen Turnier, „seit es in dem flächenmäßig kleinsten Land dieser WM so viele junge Fußballkünstler wie Pommesbuden gibt. Spieler wie die Premier-League-Profis Eden Hazard, 23, Romelu Lukaku, 21, und Adnan Januzaj, 19. Oder eben Wolfsburgs De Bruyne. “3 Vor allem der Profi Eden Hazard, nach José Mourinho „vielleicht der beste junge Spieler in der Welt“4, wird noch eine tragende Rolle dieser WM spielen. Denn außer den Fähigkeiten, die er am Platz besitzt, qualifiziert ihn sein nachgesagter „Hang zu den berühmten belgischen Pommes“5 natürlich als ultinative Geheimwaffe der Belgier, denn mit Fritten im Magen geht natürlich alles besser.


Statistik und Historie – 2:0 für Belgien


In der Geschichte des internationalen Fussballs gab es zwischen Belgien und den USA drei Duelle :

13.07.1930 Weltmeisterschaft 1930 USA – Belgien 3:0

06.09.2011 Freundschaftsspiel Belgien – USA 1:0

30.05.2013 Freundschaftsspiel USA – Belgien 2:4

Blöd gesagt: Vorteil Belgien. Blöder gesagt: Hat sowieso keine Aussagekraft für das heutige Achtelfinale. Doch da aber wir höchst unprofessionell und parteiisch sind, geben wir den Punkt selbstredend unseren belgischen Freunden.


Kartoffelanbau und Pro-Kopf-Konsum – 3:0 für Belgien


Um uns nun um das Wichtigste zu kümmern – den Kartoffelanbau sowie den Pro-Kopf-Konsum an Kartoffeln im jeweiligen Land – betrachten wir uns einfach die nachfolgenden Tabellen. Unsere Forscher am Fryology Research Insitute sind einstimmig der Meinung, dass für die Prognose durch diese Zahlen eindeutige Klarheit geschaffen wird. Da die Daten allerdings bereits im Jahr 2005 und 2006 erhoben wurden und demnach recht unaktuell sind, haben wir am Ende dieses Abschnittes noch einen kleinen Nachtrag eingefügt.

Wie zu erkennen ist, befindet sich Belgien zwar nach der Erntemenge gesehen nur auf dem zehnten Rang innerhalb Europas – was aufgrund der geringen Fläche des Landes durchaus beachtlich ist – der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch spricht hingegen eine deutlich andere Sprache. Für die Analyse picken wir uns nun die großen europäischen Fussballnationen heraus und vergleichen nur den Pro-Kopf-Verbrauch6, nach dem wir fix sortiert haben:




Nation
PKV (kg)
1
Niederlande
90,2
2
Belgien
76,3
3
Deutschland
73,7
4
Dänemark
73,3
5
Spanien
70,4
6
Frankreich
63,51
7
Italien
39,1


Die Auflistung spricht wohl für sich. Die Nationalmannschaften aus Ländern mit dem höchsten PKV stehen allesamt im Viertelfinale (ab heute Abend ja auch Belgien). Dänemark hat sich nicht mal für die Endrunde qualifiziert, Spanien komplett versagt und Italien hat mit solch einem niedrigen Wert nichts anderes verdient, als nach Hause zu fliegen7. Ergo schließen unsere Wissenschaftler völlig unwissenschaftlich, dass sich ein hoher PKV-Wert positiv auf die Physis der Spieler sowie auf das Ergebnis einer Partie auswirkt – jedoch nicht auf dessen Attraktivität. Die Niederlande unter Bondscoach Louis-Van-Gaal haben unter den Europäern folglich die besten Chancen, die laufende Weltmeisterschaft sehr erfolgreich abzuschließen. Der komplexe Zusammenhang zwischen Spielerqualität, Taktik, etc. und dem PKV wird gerade von unseren Forschern erarbeitet und sollte spätestens bei der EM2016 verfügbar und unanfechtbar sein.
Einziger Ausreißer ist wieder einmal Frankreich, nicht nur wegen der zusätzlichen Nachkommastelle. Doch das stört uns nicht weiter, denn es ist ja allseits bekannt, dass die Franzosen ganz viel Rotwein trinken. Und das verfälscht natürlich jedes Ergebnis. Eine Bitte zur Berechnung einer Unsicherheits- bzw. „Bordeaux“-Konstante ist ebenfalls bei den Forschern unseres Research Institute eingegangen.

Die USA hingegen, dies sei nur am Rande erwähnt, besitzen einen riesigen Ertrag von 19,712,630t per annum, kacken allerdings mit ihrem lausigen PKV-Wert von 54,4 gegen die europäischen Mannschaften – außer Italien – deutlich ab. Ein Paradoxon, sind doch die US-Amerikaner Fast-Food-Imperialist Nummer 1 in der hiesigen Welt. Wie dem auch sei, dieser Punkt geht eindeutig an Belgien.

Nachtrag: Jawohl. Siehste: „Seit 2011 ist Belgien der größte Kartoffel-Produzent der Welt, und das Land der emsigsten Pommes-Esser wahrscheinlich auch. “8 Weltmeister? Wir werden sehen.

Kartoffelanbau in Europa9



Anbaufläche
(ha)
Erntemenge
(t)
mittlerer Ertrag
(dt / ha)
Bevölkerung
Kartoffelkonsum
(t)
jährlicher
Pro-Kopf-Verbrauch (kg)
insgesamt
7.348.420
126.332.492
171,9
739.276.000
71.087.000
96,15
1.Russische Föderation
2.962.420
38.572.640
130,2
143.202.000
20.442.000
142,0
2.Ukraine
1.463.684
19.467.000
133,0
46.481.000
6.659.000
141,6
3.Deutschland
274.300
10.030.600
365,7
82.869.000
6.120.000
73,7
4.Polen
597.230
8.981.976
150,4
38.530.000
4.893.000
127,8
5.Belarus / Weißrussland
433.922
8.329.412
192,0
9.755.000
3.310.000
338,0
6.Niederlande
156.000
6.500.000
416,7
16.299.000
1.472.000
90,2
7.Frankreich
158.084
6.354.333
402,0
60.496.000
6.120.000
63,51
8.Großbritanien
141.000
5.684.000
403,1
59.984.000
6.842.000
114,2
9.Rumänien
283.089
4.015.899
141,9
21.711.000
2.338.000
108,0
10.Belgien
67.267
2.592.820
385,5
10.884.000
796.000
76,3
11.Spanien
86.850
2.501.800
288,1
43.064.000
3.064.000
70,4
12.Italien
72.451
1.782.805
246,1
59.093.000
2.310.000
39,1
13.Dänemark
38.600
1.361.200
352,6
5.431.000
397.000
73,0



Kartoffelanbau in Nordamerika10



Anbaufläche
(ha)
Erntemenge
(t)
mittlerer Ertrag
(dt / ha)
Bevölkerung Kartoffelkonsum
(t)
jährlicher
Pro-Kopf-Verbrauch (kg)
insgesamt
608.131
24.708.603
406,3
330.608.000
19.156.000
57,94
1.USA
451.430
19.712.630
436,7
298.213.000
16.399.000
54,4
2.Kanada
156.661
4.995.070
318,8
32.268.000
2.755.000
85,0





Friterie gegen Fast-Food – 4:0 für Belgien


„Es sei „keine Frage“, dass er sie [„die Pommes“, d. Frit.] gelegentlich in seine Menus (sieben Gänge inklusive Weine 205 Euro) integriert. Gebrutzelt unbedingt in einer „eigenen ausgewogenen Fettmischung“ – pflanzliches und tierisches Öl: „Ohne Rinderfett geht es nicht, man braucht den leicht animalischen Geschmack.“ Bintje-Kartoffeln nimmt er, die selbstverständlich hand-geschnitten werden ohne normierende Maschine: „Ganz dünn für feine Knusprigkeit, um eine Komposition abzurunden. Zu einem Stück Fleisch müssen sie zehn Millimeter dick und innen saftig sein.“ Bei 130 Grad vorbraten, dann bei 175 ausbacken. „Je kälter du sie in den zweiten Durchgang schickst, desto besser.“ Wasser und heißes Fett sind chemisch verfeindet. Deshalb kühlt sie Geunes „auf zwei Grad ab und tupfe vor dem Endbraten alle Feuchtigkeit weg“. Wir staunen. Dann lässt er den Kaffee servieren. “11

Fuck You! Ronald McDonald! Fuck! You!


Fazit


Aufgrund der aufgeführten Nachforschungen muss sich kein Belgier eine Waffel machen. Jeder einzelne der völlig subjektiv ausgewählten Gründe spricht für ein problemloses Weiterkommen gegen die USA. Diese haben zwar im bisherigen Turnierverlauf mit viel Leidenschaft und Kampfgeist ihre spielerischen und kartoffelkomsumbezogenen Defizite wettmachen können, doch gegen das Mutterland der Frites wird es dennoch nicht reichen. Denn: Ein Pommesverrückter Eden Hazard, eine bisher erfolgreiche Statistik, höherer Pro-Kopf-Kartoffelverbrauch und letztenendes die Liebe zur Fritte – all das wird den Belgiern und allen pommestreuen Gefolgsleuten den Einzug ins Viertelfinale gegen die Schweiz ebnen. Letztere werden aufgrund des international anerkannten Käse- und Rüblikuchen-Index natürlich gegen die Fleischversessenen Argentinier mit 17-1 triumphieren und somit das Chili-Käse-Pommes-Viertelfinale gegen Belgien steigen lassen.  Es sei denn, Argentinien schießt ein Tor.

Allerdings haben unsere Forscher ein kleines Haar in der Suppe finden können. Die Anzahl der McDonals-Filialen auf einen Quadratkilometer ist in Belgien unwesentlich höher als innerhalb der Landesgrenzen der USA12. Ob dies nun aufgrund einer bislang unbekannten Formel entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis der Partie heute haben könnte, vermochten unsere Kollegen des Fryology Research Institute nicht vorherzusagen. Zu unbekannt sind die Auswirkungen dieses Imperiums, zu groß die Macht des Geldes. Also drücket die von fettigen Fritten getränkten Daumen – schaden wird es nicht. Macht es, unsere belgischen Freunde – May the fries be with you!

 



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¹ Vgl. RAUSCHER, Heinz: Eh net, du Labbe - Geschichten aus dem Land der Phantasie. Frankfurt am Main, 1875.
5 ebd.
6 Der Grund hierfür ist simpel: Mehr Fläche – mehr Erntemenge. Mehr Einwohner – mehr Kartoffelkonsum. Die einzig vergleichbare Konstante, die für unsere Zwecke sinnvoll ist, ist der Pro-Kopf-Verbrauch, da dieser aussagt, wie viel Kartoffel sich durchschnittlich im Körper des jeweiligen Landesbewohners befindet – und somit auch im Sportler. Siehe: Knollenkraft – Fußnote 4.
7 Auch aufgrund des Pro-Kopf-Rassismus vieler italienischer Fußballfans haben sie unserer Meinung nach nichts anderes verdient (siehe Boateng, Balotelli, etc.).
8 Zitat von Viki Geunes, 40, Chef des Restaurants t´Zilte
in Antwerpen, Artikel unter: http://www.aachener-zeitung.de/lokales/region/das-belgische-nationalheiligtum-pommes-frites-1.487790
9 Die europäische Tabelle stellt den Kartoffelanbau in 13 Ländern Europas auf einem Blick da. Unter ihnen befindet sich mit Weißrussland das Land mit dem weltweit höchstem jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch (338 kg). Die Zahlen für den Anbau stammen aus dem Jahr 2006, die für den Konsum aus dem Jahr 2005. Die Länder sind ihrer jeweiligen Erntemenge nach angeordnet. Text: Internationales Jahr der Kartoffel, 2008: Der weltweite Kartoffelanbau (http://www.toffi.net/anbau_welt.htm) Tabellen: FAOSTAT (http://faostat.fao.org).
10 Die nordamerikanische Tabelle stellt den Kartoffelanbau in Nordamerika auf einem Blick dar. Die Zahlen für den Anbau stammen aus dem Jahr 2006, die für den Konsum aus dem Jahr 2005. Text: Internationales Jahr der Kartoffel, 2008: Der weltweite Kartoffelanbau (http://www.toffi.net/anbau_welt.htm) Tabellen: FAOSTAT (http://faostat.fao.org).
11 Der extrem hohe PKV der Kanadier Wert bezieht sich übrigens auf Eishockey und Bären jagen.
12 Die Anzahl der McDonald´s-Filialen pro Quadratkilometer errechnet sich wie folgt:
           Land         Fläche/km²       Filialen        McD Filialen/km²
           Belgien             30528                63                         0,002
           USA              9629091          13000                         0,0013